Veröffentlicht am 29. April 2024

Detailhandelspreise von Kartoffeln widersetzen sich der Teuerung

Kartoffeln und Kartoffelprodukte
Im Jahr 2023 wurden 88,6 Mio. Kilogramm Speisekartoffeln im Schweizer Detailhandel verkauft. Damit gab es erstmals seit 2020 wieder eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr (+1.7 %). Der durchschnittliche Preis für Kartoffeln im Schweizer Detailhandel ist nach einem Rückgang bis auf 1.90 CHF/kg angestiegen auf 2.02 CHF/kg, blieb aber unter dem Niveau vor der Pandemie. Die Analyse verschiedener Haushaltsgruppen zeigt, dass Haushalte mit geringem Pro-Kopf-Einkommen überdurchschnittlich viel Kartoffeln einkauften, und dies zu günstigeren Preisen. Auch Familien mit Kindern zahlten besonders tiefe Preise für Kartoffeln.
Fachbereich Marktanalysen BLW
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© pixabay

Nach Rekordnachfrage während Pandemie wieder stabile Absätze

Die Analyse basiert auf den Detailhandelsdaten von NielsenIQ Switzerland (Infos zur Erhebung). Die betrachtete Warengruppe umfasst sämtliche Kartoffeln des Frischsegments, inkl. Bio, Spezialitätensorten und Convenience-Kartoffelprodukte im Kühlregal. Nicht berücksichtigt wurden Süsskartoffeln sowie Kartoffelfertigprodukte wie z.B. Pommes Frites, Chips oder Kartoffelstock.
Für dieses Kartoffelsortiment stechen im Verlauf der letzten sechs Jahre die hohen Absätze der Jahre 2020 und 2021 hervor, als Rekordmengen von 100,8 bzw. 98,0 Mio. Kilogramm verkauft wurden. Dies war vor allem während den Zeiten, als pandemiebedingt Gastronomien und Kantinen geschlossen waren und Haushalte mehr Lagergemüse wie Kartoffeln im Detailhandel nachfragten. Es wurde somit vermehrt zuhause gekocht. Im Jahr 2022 fielen dann die Absätze auf 87,2 Mio. Kilogramm und pendelten sich seitdem auf einem Nachfrageniveau etwas oberhalb der Jahre 2018 (85,5 Mio. kg) und 2019 (86,1 Mio. kg) ein.

© BLW, Fachbereich Marktanalysen; NielsenIQ Switzerland, Total Market Consumer / Retail Panel

Daten und Abbildungen

Daten und Abbildung Kartoffeln 2023

Hier finden Sie alle Daten und Quellangaben zu den Abbildungen.

XLSX    |    29.04.2024

Nicht-Bio-Kartoffeln wurden tendenziell günstiger

Ein bedeutender Faktor der Detailhandelspreise für Kartoffeln sind deren Erntemengen, da sie die Produzentenpreise bestimmen. In den Jahren 2018 und 2019 waren die Schweizer Ernten durchschnittlich, gefolgt von einer grossen Ernte in 2020 und anschliessend tiefen Ernten. Dies allein kann noch nicht den dargestellten Preisverlauf erklären. Branchenexperten zufolge können zudem während der Pandemie Überschüsse bei Industriekartoffeln, die im Detailhandel angeboten wurden, zu den beobachteten tieferen Preisen beigetragen haben.
Zu beachten ist darüber hinaus, dass das Speisekartoffelsortiment eine Vielzahl an Produkten mit sehr unterschiedlichen Preisen umfasst, wie z.B. Frühkartoffeln, Patatli, Spezialsorten, Grosspackungen im Tiefpreissegment, usw. Für die Berechnung des Durchschnittspreises wurden Produkte entsprechend ihrer Verkaufsmengen gewichtet.
Werden Bio- und Nicht-Bio-Kartoffeln separat betrachtet, zeigt sich eine deutliche Preisdifferenz zwischen der biologischen und der anderen Ware. Der Bio-Preis lag im Betrachtungszeitraum immer über der 3-CHF-Marke, während der Nicht-Bio-Preis bei höchstens 1.89 CHF pro Kilogramm (2019) lag.
Zudem zeigt sich, dass trotz eines Anstiegs des Bio-Anteils von 10.6 Prozent (2019) auf 13.2 Prozent (2023) das Preislevel von Kartoffeln im Total nicht gestiegen ist. Grund hierfür ist, dass die deutlich bedeutenderen Nicht-Bio-Kartoffeln im gleichen Zeitraum günstiger wurden. Dies ist insofern bemerkenswert, weil deren Produzentenrichtpreise im Vergleich der Perioden 2019 und 2023 aufgrund der oben genannten Ernteverhältnisse gestiegen sind. Somit deutet sich an, dass die durchschnittliche Bruttomarge bei Nicht-Bio-Kartoffeln kleiner geworden ist. Ein Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass die Konsumentinnen und Konsumenten im betrachteten Zeitraum diese Kartoffeln zunehmend im Discounter einkauften und der sich daraus ergebende Preisdruck für andere Detailhändler. Dies ergab ein tiefergehender Blick in die Daten von NielsenIQ, wonach der Marktanteil von Discountern (Aldi, Lidl, Denner) im Nicht-Bio-Segment stetig zunahm. Der Discounter-Anteil bei Bio-Kartoffelverkäufen war hingegen seit 2021 leicht rückläufig. Die Preisunterschiede zwischen den Detailhandelskanälen sind in den Marktzahlen Kartoffeln ersichtlich.

© BLW, Fachbereich Marktanalysen; NielsenIQ Switzerland, Total Market Consumer / Retail Panel

Geringverdienende Haushalte schätzen Kartoffeln

Da Kartoffeln ein bedeutendes und nahrhaftes Grundnahrungsmittel sind, stellt sich die Frage, wie sehr die betrachteten Preisbewegungen von Kartoffeln die Nachfrage von Haushalten mit unterschiedlichen Einkommen beeinflussen. Um dies zu untersuchen, ermöglicht das NielsenIQ-Konsumentenpanel eine Differenzierung nach bestimmten Haushalts-Kriterien.
Ein Kriterium ist der Wohlstand der Haushalte (siehe Infobox). Die Daten wurden über einen sechsjährigen Zeitraum analysiert. Dieser Zeitraum wurde zur vereinfachten Darstellung in drei Phasen eingeteilt: 2018/19 (vor Pandemie), 2020/21 (Pandemie) und 2022/23 (nach Pandemie). Der angegebene Wert «kg pro Jahr» gibt die durchschnittliche Einkaufsmenge eines Haushalts an.

Definition der Wohlstandsgruppen

NielsenIQ Switzerland als Datenquelle
Entsprechend dem Haushaltseinkommen pro Haushaltsmitglied (Pro-Kopf-Einkommen) sind die Haushalte in Wohlstandskategorien eingeteilt:
  • Geringer Wohlstand: Die 20 % der Haushalte mit dem tiefstem Pro-Kopf-Einkommen
  • Unterdurchschnittlicher Wohlstand: Die 30 % der darauffolgenden Haushalte
  • Überdurchschnittlicher Wohlstand: Die 30 % der darauffolgenden Haushalte
  • Hoher Wohlstand: Die 20 % der Haushalte mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen
Bei Betrachtung der Einkaufsmengen differenziert nach Wohlstandsklassen zeigt sich, dass die Haushalte mit geringem Pro-Kopf-Einkommen am meisten Kartoffeln nachfragen. Bei jeder höheren Wohlstandsklasse ging die Nachfrage nach Speisekartoffeln zurück. So lag die durchschnittliche jährliche Einkaufsmenge der Haushalte mit geringem Wohlstand in der Periode 2022/23 bei 22 Kilogramm pro Jahr, während Haushalte mit hohem Wohlstand 12.7 Kilogramm pro Jahr Kartoffeln einkauften. Zu beachten ist jedoch, dass die durchschnittliche Haushaltsgrösse der Wohlfahrtsklassen unbekannt ist. Es ist anzunehmen, dass geringverdienende Haushalte mehr Haushaltsmitglieder haben, die nicht erwerbstätig sind und das Pro-Kopf-Einkommen deshalb senken (z.B. Kinder).
Die Nachfrage entwickelte sich im betrachteten Zeitraum in allen Wohlstandsklassen ähnlich. Sie verzeichnete einen deutlichen Anstieg während der Corona-Pandemie (2020/21) und normalisierte sich danach wieder. Haushalte mit unterdurchschnittlichem und tiefem Wohlstand kauften 2022/23 etwas mehr als 2 Kilogramm weniger Kartoffeln ein als 2018/19. Bei Haushalten mit überdurchschnittlichem und hohem Wohlstand war die Nachfrage 2022/23 hingegen etwas höher als zu Beginn der Beobachtungsperiode 2018/19.

© BLW, Fachbereich Marktanalysen; NielsenIQ Switzerland, Consumer Panel

Unterschiedliche Preisentwicklung je nach Wohlstandsklasse

Im Folgenden wird die Entwicklung der durchschnittlich bezahlten Preise für Kartoffeln für die verschiedenen Wohlstandsklassen aufgezeigt. Die Preisanalyse wird ohne Bio-Kartoffeln dargestellt, damit über die Haushaltsgruppen hinweg der Preis einer möglichst homogenen Produktgruppe verglichen wird.
Es ist erkennbar, dass die durchschnittlich bezahlten Kartoffelpreise in der Periode 2020/21 bei allen Haushaltstypen deutlich tiefer lagen, als in der Periode davor. Danach gab es unter schiedliche Entwicklungen je nach Wohlstandsklasse. So war der durchschnittlich gezahlte Preis für Nicht-Bio-Kartoffeln 2022/23 bei den Haushalten mit geringem und unterdurchschnittlichem Wohlstand nur noch um 1.4 Prozent bzw. 0.7 Prozent tiefer als in der Periode 2018/19. Demgegenüber zahlten Haushalte mit überdurchschnittlichem und hohem Wohlstand um 5.9 Prozent bzw. 8.5 Prozent tiefere Durchschnittspreise. Sie zahlten immer noch mehr als die weniger wohlhabenden Haushaltsgruppen, jedoch war die Preisspanne nach der Pandemie erkennbar tiefer als in der Periode vor der Pandemie.

© BLW, Fachbereich Marktanalysen; NielsenIQ Switzerland, Consumer Panel

Haushalte mit Kindern kaufen günstigere Kartoffeln

Eine andere Betrachtungsweise ist die Analyse der Schweizer Haushalte gemäss ihrer Familienstruktur. Hier werden die unterschiedlichen Haushaltszusammensetzungen und Bedürfnisse von Haushaltsmitgliedern leichter ersichtlich. Jedoch ist zu beachten, dass die Haushaltsgruppen nach dieser Einteilung unterschiedlich viele Haushaltsmitglieder haben. Somit sind Vergleiche der Nachfragemengen zwischen diesen Haushaltstypen nur mit Einschränkungen möglich, weshalb sich diese Analyse auf die Betrachtung der gezahlten Durchschnittspreise beschränkt.
Bei der Analyse der für Nicht-Bio-Kartoffeln bezahlten Preise wird deutlich, dass Familien am wenigsten bezahlten pro Kilogramm. Ein wichtiger Grund dürften grössere Packungen sein, bei denen man von günstigeren Kilogrammpreisen profitiert. Aus diesem Grund zahlten wohl auch die Gruppen der älteren Alleinstehenden und Vorfamilien (oft auch nur eine Person im Haushalt) noch mehr als ältere Paare.
Auffallend ist zudem, dass die gezahlten Durchschnittspreise nach der Pandemie tiefer sind als vor der Pandemie. Dies kann bei allen Haushaltsgruppen beobachtet werden, wobei diese Entwicklung je nach Haushaltstyp unterschiedlich stark ausgeprägt war (zwischen -1.7 % und -7.5 %). Die verschiedenen Familientypen konnten somit von dem generell tieferen Preisniveau bei Nicht-Bio-Kartoffeln in unterschiedlichem Masse profitieren.

© BLW, Fachbereich Marktanalysen; NielsenIQ Switzerland, Consumer Panel

Schlussfolgerungen

Im betrachteten Zeitraum kam es bei Kartoffeln zu keiner Teuerung, wie sie sonst bei vielen Konsumentenpreisen gemessen wurde (s. BFS). Der durchschnittliche Preis für Kartoffeln ist zwar zwischen 2022 und 2023 etwas angestiegen. Er blieb jedoch auch 2023 noch leicht unterhalb des Niveaus von 2018 und 2019, und dies trotz gestiegener Produzentenpreise. Ein Grund dürfte ein erhöhter Preisdruck im Detailhandel sein.
Die Analyse einzelner Haushaltsgruppen zeigte deutliche Unterschiede im Nachfrageverhalten und in den Preisen, zu denen sie Kartoffeln einkaufen. Hier kommt zum Tragen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten unter den Substituten im Kartoffelsortiment wählen können und so evtl. günstigere Varianten ausfindig machen, wie etwa die genannten Grosspackungen, die v.a. für Mehrpersonenhaushalte interessant sind.

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